Ganzheitliche Energiekonzepte als Lösung für hohe Gebäudeeffizienz
14. Oktober 2014Die Energieströme in einem Gebäude können sehr komplex sein – bei hoher Effizienz sind die wechselseitigen Einflüsse besonders stark. Wie dies bei der Planung zu berücksichtigen ist, war am 26. September in Darmstadt das Thema einer Sitzung des Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser.
In den Vorträgen wurden dabei die größten „Verbraucher“ in verschiedenen Arten von Nichtwohngebäuden im Detail analysiert: von der Warmwasserbereitung über Lüftung und Beleuchtung bis hin zu Kühlmöbeln und IT.
Für die Praxis legten die Referenten dabei zugleich konkrete Planungshilfen vor – denn gerade in einem Passivhaus, in dem der Heizwärmebedarf auf ein Minimum reduziert ist,
sind diese spezifischen Anwendungen oft für die ges amte Energiebilanz entscheidend.
Bei Nichtwohngebäuden ist die Bandbreite der Energienutzungen besonders groß: In klassischen Bürogebäuden dominieren neben dem Kunstlicht meist Computer und die
entsprechenden Server, in einem Lebensmittelmarkt hingegen ist vor allem die Warenkühlung zu beachten. Hinzu kommt zum Teil eine schwankende Belegung einzelner
Räume: Ein Klassenzimmer ist nur während des Unterrichts voll besetzt, am Nachmittag steht es für gewöhnlich leer. Die hohen internen Wärmegewinne bleiben dann aus, der
Lüftungsbedarf ist plötzlich wieder gering. Ähnliches gilt etwa bei einem Kino oder anderen Veranstaltungssälen.
Ein wichtiger Faktor bei energieintensiven Geräten ist die durch sie erzeugte Abwärme. In günstigen Fällen kann sie für die Raumheizung genutzt werden. Oft hingegen muss
sie aufwendig „herausgekühlt“ werden. „Effizientere Geräte sparen daher nicht nur direkt Energie, sondern sie reduzieren zugleich auch den Kühlbedarf“, betonte Oliver Kah vom
Passivhaus Institut in seinem Vortrag. Besonders wichtig sei dies etwa bei Kliniken, mit ihrem durchgehenden und von viel Technik geprägten Betrieb.
Die Wärmerückgewinnung ist auch bei der Lüftung ein entscheidender Baustein für die Energieeffizienz eines Gebäudes. Wichtig ist hier aber auch die richtige Auslegung des
Volumenstroms. „Dafür müssen bereits in der Planung sphase die nutzungsspezifischen Randbedingungen geklärt werden“, sagte Kristin Bräunlich, ebenfalls vom Passivhaus
Institut. Für Räume mit stark schwankenden Belegungsdichten sei eine bedarfsgeführte Regelung sinnvoll. Über die Möglichkeiten einer erhöhten Energieeffizienz durch eine
zweckmäßige Auslegung des Warmwassernetzes informierte in Darmstadt ihr Kollege Dr. Oliver Ottinger.
Für die Berechnung der Einsparpotenziale durch eine optimierte Tageslichtnutzung stellte Matthias Werner von der Universität Innsbruck bei der Arbeitskreis-Sitzung das
neue Tool DALEC vor.
Rudolf Herlitze vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit berichtete in einem Vortrag über die „Green-IT-Initiative“, mit
der eine Energieeinsparung von etwa 40 Prozent bei Rechenzentren und IT-Arbeitsplätzen des Bundes erzielt werden konnte.
Einen Überblick über die Einsparpotenziale bei der Kälteerzeugung, die in Deutschland 14 Prozent des gesamten Stromverbrauchs verursacht, lieferte Dr. Jürgen Schnieders. Der wissenschaftliche Mitarbeiter des Passivhaus Instituts verweis dabei etwa auf den häufig unverhältnismäßig hohen Energiebedarf sogenannter Minibars in Hotelzimmern. Ein Problem bei größeren Verkaufskühlmöbeln sei das Fehlen entsprechender Energie-Labels, sagte Schnieders. Vielversprechend für Supermärkte und andere Verkaufsstätten sei der Einsatz von Wärmerückgewinnung aus der Kälteerzeugung.
Der Arbeitskreis kostengünstige Passivhäuser ist seit seiner Gründung im Jahr 1996 eine stets aktuelle Nahtstelle der Vermittlung zwischen Theorie und Praxis. Träger der Sitzung
zum Thema „Planungs- und Umsetzungshilfen für Passivhaus-Nichtwohngebäude“, wie auch der zwei vorangegangenen Veranstaltungen über „Energieeffiziente Warmwassersysteme“ und „Kostengünstige Lüftungslösungen für den Wohnbau“, ist das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung. Die Ergebnisse des
Arbeitskreises werden in einer fortlaufenden Reihe von Protokollbänden veröffentlicht.