Österreich-Haus in Passivhaus-Bauweise zu den olymipischen Winterspielen offiziell präsentiert

27. November 2009

Mittels einer Live-Schaltung zum Österreich-Haus in Whistler konnte in Igls in Tirol selbst die Einweihung des Gebäudes durch eine Gruppe kanadischer Ureinwohner mitverfolgt werden.

Offizielle Vorstellung des Österreich-Hauses zu den olympischen Winterspielen 2010 in Whistler (Foto APG)

Offizielle Vorstellung des Österreich-Hauses zu den olympischen Winterspielen 2010 in Whistler (Foto APG)

Temperaturen unter Null sind im kanadischen Austragungsort der Olympischen Winterspiele 2010 in Whistler keine Seltenheit. Auch im Februar, wenn die Wettbewerbe stattfinden, rechnen die Veranstalter mit einer Durchschnittstemperatur von minus acht Grad. Die Heizungen in den Gebäuden der Stadt werden für die vielen internationalen Gäste voll aufgedreht sein, die Öltanks gut gefüllt. Nur in einem Haus wird das nicht nötig sein: im Österreich-Haus.

Dort, wo sich zwischen dem 12. und 28. Februar 2010 und den anschließenden Paralympic Games (12. bis 21.März 2010) das ORF-Studio befindet, wird es aber trotzdem nicht kalt sein. Denn das Österreich-Haus ist im Passivhaus-Baustandard errichtet.

Bis zu 90 Prozent Energieeinsparung

Kurz zusammengefasst heißt das: eine besonders gute Wärmedämmung, keine Wärmebrücken zwischen Außen und Innen, Fenster mit Dreischeiben-Isolierverglasung, kompakte Bauweise, eine luft- und winddichte Konstruktion, eine kontrollierte Wohnraumbelüftung und Wärmerückgewinnung sowie die Nutzung von Sonneneinstrahlung und Erdwärme zum Beheizen der Räumlichkeiten und zur Warmwasserbereitung.

Im Fall des Österreich-Hauses sorgt das intelligente Kompaktgerät aerosmart x² von Drexel und Weiss energieeffiziente Haustechniksysteme außerdem für eine passive Kühlung im Sommer. All diese Punkte ergeben eine Energieersparnis von bis zu 90 Prozent im Vergleich zu herkömmlichen kanadischen Häusern. „Gegenüber aktuell genutzter Klimageräte liegt die Einsparung beim Österreich-Haus bei rund 4.000 kWh pro Jahr“, betonte der Sprecher der Austrian Passive House Group (APG), Reinhard Weiss von Drexel und Weiss bei der offiziellen Präsentation des Österreich-Hauses. Die APG ist Bauherr des Österreich-Hauses. Zur APG haben sich die drei Vorarlberger Unternehmen Sohm Holzbautechnik, Drexel und Weiss, das Ingenieurbüro DI Erich Reiner und die beiden Tiroler Firmen Optiwin und zweiraum Werbeagentur zusammengeschlossen.

Die Gebäudehülle des zweigeschossigen Hauses und die Außenanlagen hat die Alberschwender Holzbaufirma Sohm Holzbautechnik gefertigt und gemeinsam mit der kanadischen Baufirma Dürfeld Log Construction in Whistler errichtet. Die Fenster stammen vom Tiroler Fensterbauer Optiwin, die gesamte Haustechnik – zum Einsatz kommt das Kompaktgerät aerosmart x² – von Drexel und Weiss energieefiziente Haustechniksysteme in Wolfurt. Als Architekten fungieren Treberspurg & Partner aus Wien.

Live-Schaltung nach Whistler

Die Präsentation des Österreich-Hauses erfolgte im Rahmen einer Passivhaus Night auf der Olympia-Bobbahn in Igls in Tirol. Mittels einer Live-Schaltung nach Whistler konnten die rund 250 geladenen Gäste aus den Bereichen Wirtschaft, Sport und Politik die Präsentation des Österreich-Hauses virtuell miterleben. Außerdem wohnten sie der Einweihung des Gebäudes durch eine Delegation kanadischer Ureinwohner (Aboriginal Peoples) bei. Aboriginal Peoples sind in Kanada als gleichberechtigte Partner in die Planungen der Olympischen Spiele mit einbezogen.

Rasche Umsetzung

In nur 12 Monaten von der Planung bis zur Fertigstellung ist es den Unternehmen der APG gelungen, ein Vorzeigeprojekt in Sachen Energieeffizienz in Kanada zu errichten. „Das Österreich-Haus im Passivhaus-Standard zeigt bei den Olympischen Spielen, wie man effizient mit Energie umgehen und das Raumwärmeproblem baulich lösen kann“, erklärte APG-Projektkoordinator DI Erich Reiner.

Dass gerade österreichische Spezialisten das Österreich-Haus in Passivhausbauweise errichten, kommt nicht von ungefähr. Kein Land hat diese Bautechnik so perfektioniert und nirgendwo hat sich dieser Haustyp bereits so durchgesetzt wie in Österreich. 5.000 Passivhäuser mit einer Fläche von rund 300.000 Quadratmetern gibt es hierzulande bereits. In Vorarlberg, dem Vorreiterland in punkto Passivhaus und Heimatland dreier Mitgliedsbetriebe der APG, werden 2009 bereits mehr als 30 Prozent aller Neubauten in Passivhausqualität gebaut sein. In Tirol, der Heimat zweier APG-Mitglieder liegt die Zahl 2009 bei rund 24 Prozent.

Europa als Vorreiter

Im Vergleich dazu gibt es in ganz Nordamerika bisher nur etwa 50 Passivhäuser. Kanada hat derzeit mit 9800 kg Öl-Equivalent den höchsten pro Kopf Energieverbrauch pro Jahr. „Wir haben in Europa und gerade in Österreich einen gewaltigen Know-how-Vorsprung, den es zu nutzen gilt“, ist Projektkoordinator Reiner überzeugt. Interessiert an einem Technologie-Transfer ist aber auch die kanadische Regierung. Erst vor kurzem hat sie ein Programm für die Weiterentwicklung und Umsetzung energiesparender Projekte beschlossen.

„Energieeffizienz und Umweltschutz sind in Kanada ein Zukunftsthema. Ein deutliches Zeichen sind auch die Olympischen Winterspiele 2010, die als erste Green Olympics abgehalten werden“, erklärte der kanadische Botschafter Dr. John Barrett in Igls. Insgesamt 300.000 Tonnen CO2 sollen bei den klimaneutralen Winterspielen eingespart werden. Die APG denkt dabei aber nicht nur an einen Technologie-Export, für sie ist das Projekt auch Startschuss für den Eintritt in den nordamerikanischen Markt. „Langfristig wollen wir in Kanada produzieren und deshalb auch Joint-Ventures eingehen“, berichtete APG-Sprecher Reinhard Weiss.

Holzhäuser haben in Kanada Tradition

Das Österreich-Haus ist als Passivhaus in Holz-Massiv-Bauweise mit DD-Diagonal-Dübelholz gebaut. Diese Bauweise, die Sohm Holzbautechnik entwickelt hat, zeichnet sich dadurch aus, dass unbehandeltes, massives Tannenholz nur durch Holzdübel ohne Klebstoffe miteinander verbunden wird. „Bauen mit Massivholz in Form von Blockhäusern hat in Kanada eine lange Tradition und ist sehr beliebt“, gab Projektkoordinator Erich Reiner zu Bedenken.

Schließlich verfügt Kanada über enorme Ressourcen an Holz als nachwachsenden Rohstoff. Reiner: „Innovative Massivholzprodukte, wie wir sie in Österreich kennen, sind in Kanada jedoch weitghend unbekannt. Vorgefertigte Massivholz-Bausysteme können an die alte kanadische Blockhaustradition anschließen und eröffnen gleichzeitig eine moderne Architektur, passivhaustaugliche Gebäudehüllen und kurze Bauzeiten.“

1,3 Millionen Euro Gesamtprojektkosten

Das APG-Projekt Österreich-Haus hat eine Nutzfläche von 250 Quadratmetern auf zwei Ebenen. Das Obergeschoss ist ein schwebender Baukörper. Die Gesamtprojektkosten betragen 1,3 Millionen Euro. Erhebliche Kosten entstanden vor allem auch durch die mehr als drei Jahre dauernde Vorbereitungsphase und die Überwindung so mancher Hürden, damit das Projekt überhaupt erst umgesetzt werden konnte. Sämtliche Komponenten des Gebäudes stammen aus Österreich und wurden per Bahn und Schiff nach Whistler verfrachtet. Außerdem musste das Gebäude wegen der geologischen Verhältnisse erdbebensicher ausgeführt werden. Damit kein Ungeziefer aus Vorarlberg nach Kanada gebracht werden konnte, wurde das verwendete Holz begast.

Das Österreich-Haus steht im Zentrum von Whistler, nur knapp drei Gehminuten vom Medaillen-Zeremonieplatz entfernt. Die offizielle Eröffnung findet am 11. Februar 2010 statt. Während der Olympischen Spiele (12. bis 28. Februar 2010) und den anschließenden Paralympic Games (12. bis 21. März 2010) wird das Österreich-Haus als Treffpunkt für Politik, Wirtschaft, Sport und Medien aus aller Welt dienen und damit als wirkungsvoller Werbeträger für Tourismus und österreichische Gastfreundschaft.

Außerdem wird das Sendestudio des ORF im Obergeschoss untergebracht sein. Von dort hat man einen guten Ausblick zum Blackcomb- und Whistler-Mountain, den beiden Austragungsorten der alpinen Skiwettbewerbe. Erstmals wird das Österreich-Haus nach der Beendigung der Spiele nicht abgebaut, sondern bleibt am Schauplatz.

Österreichisch-Kanadisches Wirtschaftsforum im März 2010

Im März 2010 veranstaltet die APG im Österreich-Haus gemeinsam mit der Handelsabteilung der Kanadischen Botschaft sowie der Außenwirtschaft-Österreich (AWO) und dem Canada-Green-Building-Council aus Vancouver das österreichisch-kanadische Wirtschaftsforum „Nachhaltig Bauen/Erneuerbare Energien“ mit Kontaktbörse und Passivhaus-Fachtagung. „Das Interesse österreichischer Unternehmen ist groß. Bereits jetzt haben über 40 Firmen ihre Teilnahme zugesagt“, schildert Erich Reiner. Anschließend an das Wirtschaftsforum wird das Gebäude der Stadt Whistler übergeben.

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