Rohbau der Passivhaus-Klinik in Frankfurt-Höchst steht

13. Februar 2018

Im Frankfurter Stadtteil Höchst entsteht derzeit das weltweit erste Krankenhaus im Passivhaus-Standard. Der Rohbau der Klinik ist bereits fertiggestellt, aktuell läuft der Innenausbau auf Hochtouren. Abgeschlossen sein soll der Neubau der besonders energieeffizienten Klinik im nächsten Jahr. Vor der Inbetriebnahme ist ein mehrmonatiger Testbetrieb geplant. Das Passivhaus Institut in Darmstadt begleitet das Klinikum Frankfurt Höchst bereits seit den Planungen für den Neubau intensiv und setzt diese Beratung während der gesamten Bauarbeiten fort.

Die Außenansicht des Neubaus in Frankfurt: Laut dem neuen Entwurf sollen die Farbtöne der Fassade zurückhaltender gestaltet werden. Der Klinikbau ist insgesamt 143 Meter lang und über 23 Meter hoch. (Grafik: wörner traxler richter)

Die Außenansicht des Neubaus in Frankfurt: Laut dem neuen Entwurf sollen die Farbtöne der Fassade zurückhaltender gestaltet werden. Der Klinikbau ist insgesamt 143 Meter lang und über 23 Meter hoch. (Grafik: wörner traxler richter)

Rundgänge schnell ausgebucht

Die imposante Baustelle in Frankfurt Höchst ist die größte Baustelle der Stadt Frankfurt und weithin sichtbar. Immerhin ist das zukünftige Klinikgebäude 143 Meter lang, über 23 Meter hoch und es umfasst neben Keller und Erdgeschoss weitere sechs Etagen. Nach dem symbolischen Spatenstich im Sommer 2016 folgte im November desselben Jahres die Grundsteinlegung. Bereits ein knappes Jahr später, im Herbst 2017, war der Rohbau des Komplexes abgeschlossen. Der Hubschrauberlandeplatz auf dem Dach wird in diesem Frühjahr installiert. Rundgänge, die das Klinikum auf der beeindruckenden Baustelle im Herbst des vergangenen Jahres angeboten hatte, waren schnell ausgebucht.

Zufrieden mit Bauverlauf

Karsten Valentin, Geschäftsführer der Zentralen Errichtungsgesellschaft (ZEG) und zuständig für den Klinikneubau, ist zufrieden mit dem Verlauf der Bauarbeiten. Trotz der komplexen Planung für die technische Gebäudeausstattung laufe alles weiterhin nach Plan. Nach Fertigstellung des Gebäudes ist eine mehrmonatige Testphase geplant. Sie ist für einen reibungslosen Krankenhausalltag im neuen Gebäude sehr wichtig.

Innenausbau läuft auf Hochtouren

664 Betten wird der Neubau haben, zudem weitere 40 Plätze für die Tagesklinik. In der ersten Etage sind zehn Operationssäle sowie ein Hybrid-Operationssaal für minimalinvasive Eingriffe vorgesehen. Das sechste Obergeschoss, das sich nur über einen Teil des Gebäudes erstreckt, ist ausschließlich für Technik vorgesehen. Rund 400 Bauarbeiter sind derzeit mit dem Innenausbau beschäftigt. Auch damit, Musterräume anzulegen. Zudem hat der Einbau der über 1000 dreifach verglasten Fenster begonnen.

Betriebskosten senken

Zwei Hauptziele verfolgt das Klinikum Frankfurt Höchst mit dem Ersatzneubau: Zum einen sollen die internen Betriebsabläufe optimiert werden. Dadurch werden sich auch die Wege für das Personal innerhalb des Gebäudes deutlich verkürzen. Da das aktuelle Klinikhochhaus aus den sechziger Jahren deutlich in die Jahre gekommen war, sollen mit dem äußerst energieeffizienten Neubau andererseits die Betriebskosten drastisch gesenkt werden.

Passivhaus-Konzept lohnt sich

Durch den intensiven 24-StundenBetrieb in Krankenhäusern gehören diese zu den Spitzenverbrauchern an Energie: Von der Notaufnahme über die Operationssäle samt Intensivstation bis zu den Patientenzimmern sind zahlreiche technische Geräte im Einsatz. Und auch die Beleuchtung ist praktisch durchgängig angeschaltet. „Der Passivhaus-Standard ist neben verbessertem Komfort auch darauf ausgelegt, den Bedarf an Energie deutlich zu reduzieren. Daher ist das energieeffiziente Konzept für Krankenhäuser mit ihrem hohen Energiebedarf besonders lohnenswert“, erklärt Oliver Kah vom Passivhaus Institut.

Wärmeschutz verbessert

Der Wissenschaftler begleitet den Klinikneubau für die Zentrale Errichtungsgesellschaft ZEG unter dem Aspekt der Energieeffizienz. So prüft er unter anderem, ob der geforderte Wärmeschutz mit den geplanten Bauteilen eingehalten wird.

Kliniken sanierungsbedürftig

In einer Grundlagenstudie im Vorfeld des Pionierprojektes in Frankfurt-Höchst untersuchte Oliver Kah mit Kollegen, wie das hoch energieeffiziente Passivhaus-Konzept in Krankenhäusern umgesetzt werden kann. Viele der rund 2.100 Krankenhäuser in Deutschland sind sanierungsbedürftig und können von dieser Studie profitieren. In der Studie wird deutlich, dass die Ausstattung eines Krankenhauses wesentlichen Einfluss auf den Energiebedarf hat und daher in komplettem Umfang betrachtet werden muss. Ganz allgemein liegt der Stromverbrauch in einem Krankenhaus drei bis vier Mal über dem Verbrauch in einem Wohngebäude.

Hygienische Anforderungen

Gleichzeitig muss die Umsetzung des Passivhaus-Standards in Krankenhäusern besonderen Anforderungen genügen, beispielsweise in den sensiblen Operationssälen. „Dazu gehören auch hohe hygienische Anforderungen, wenn zum Beispiel die Abwärme aus der Abluft des Operationsbereichs genutzt werden soll“, erläutert Oliver Kah.

Krankenhäuser energieintensiv

In herkömmlichen Nachweisverfahren werden der Energiebedarf für Heizung und Kühlung, Lüftung, Trinkwasser und Beleuchtung betrachtet. „Die Energieverteilung zeigt jedoch, dass Krankenhäuser meist mit weiteren Geräten ausgestattet sind und zudem energieintensive Prozesse ablaufen. Wird der Energiebedarf also herkömmlich ermittelt, dann bleibt bei der Planung nahezu die Hälfte des zukünftigen Energiebedarfs unberücksichtigt“, so Oliver Kah vom Passivhaus Institut in Darmstadt.

EDV-Ausstattung und MRT

Schon die EDV-Ausstattung sowie die Magnetresonanztomographie (MRT) schlagen bei den Energieaufwendungen mit acht beziehungsweise sieben Prozent zu Buche, die Sterilgutversorgung immerhin mit vier Prozent. Oliver Kah: „Gleichzeitig sind energieeffiziente Geräte in einem Krankenhaus besonders empfehlenswert. Einerseits sparen diese Energie ein, andererseits verringern sie den Kühlbedarf.“

Hohe Behaglichkeit

Auch beim Komfort kommt die Klinik im Passivhaus-Standard den Bedürfnissen von Patienten und Besuchern entgegen. In Krankenzimmern empfinden Patienten eine erhöhte Temperatur als angenehm. In den Höchster Patientenzimmern soll die Temperatur 22 Grad betragen. Aufgrund des guten Wärmeschutzes können die höheren Raumtemperaturen mit geringerem Energiebedarf gedeckt werden. Zudem werden durch die bessere Wärmedämmung sowie die dreifach verglasten Fenster große Unterschiede zwischen Oberflächen- und Raumtemperatur vermieden. Dadurch steigt zusätzlich die Behaglichkeit in den Krankenzimmern.

Frische und vorgewärmte Luft

Die in jedem Passivhaus vorgesehene Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung wiederum sorgt dafür, dass stets frische und vorgewärmte Luft in die Räume strömt. Zudem werden unangenehme Gerüche durch die Lüftungsanlage effizient beseitigt. Natürlich können auch in der Passivhaus-Klinik weiterhin die Fenster geöffnet werden. Die Grundlagenstudie zeigt darüber hinaus, dass der Heizwärmebedarf trotz der höheren Raumtemperatur sowie dem höherem Luftwechsel der kontrollierten Lüftung mit darauf abgestimmten Maßnahmen auf 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter Energiebezugsfläche und Jahr kWh/(m²EBF a) begrenzt werden kann.

Abriss des Hochhauses

Die Kosten für den Ersatzneubau des Klinikums Frankfurt Höchst werden auf 263 Millionen Euro beziffert. Das Land Hessen beteiligt sich mit rund 55 Millionen an dem energieeffizienten Neubau. Das Bestandsgebäude aus den sechziger Jahren soll nach Bezug der Passivhaus-Klinik abgerissen werden. Auf dem Klinikgelände sind anschließend zwei weitere Bauabschnitte geplant.

Größtes Kinderzentrum

Das Klinikum Frankfurt Höchst ist Maximalversorger im größten kommunalen Klinikverbund der Region, der Kliniken Frankfurt Main-Taunus GmbH. In den 22 Kliniken, Instituten und Fachabteilungen werden allein am Standort Frankfurt-Höchst jährlich mehr als 36.000 stationäre und 80.000 ambulante Patienten versorgt. Das Klinikum gilt zudem als größtes Kinderzentrum in der Region. Über 2.000 Mitarbeiter sind am Klinikum Frankfurt Höchst beschäftigt. In fünf Schulen wird in pflegerischen sowie nichtärztlichen, medizinischen Fachberufen ausgebildet.

Besondere Projekte bei Passivhaus-Tagung

Der Bau der Frankfurter Passivhausklinik stößt auch außerhalb des Rhein-Main-Gebietes auf breites Interesse. Vor allem aus ganz Europa und Nordamerika melden sich Interessenten, die sich mit energieeffizienten Bauten im Gesundheitswesen befassen. Viele interessante Projekte, die weltweit im Passivhaus-Standard errichtet werden, sind Thema bei der nächsten Internationalen Passivhaustagung in München. Am 9. und 10. März 2018 treffen sich dazu Experten aus der ganzen Welt im MOC Veranstaltungscenter München. Sie stellen Projekte, Produkte und Lösungen für energieeffizientes Bauen und Sanieren vor, darunter aus Deutschland, Europa, den USA, aus China sowie der Mongolei. Webseite zur Passivhaustagung.

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